Hochaltar

Den Hochaltar des Freiburger Münsters schuf der Straßburger Künstlers Hans Baldung Grien gemeinsam mit Mitarbeitern aus seiner Werkstatt zwischen 1512 und 1516.

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Der Hochaltar des Freiburger Münsters

Der Wandelaltar besteht aus elf Bildtafeln. Er zeigt, entsprechend dem Patrozinium des Freiburger Münsters „Unserer Lieben Frau“, Szenen aus dem Marienleben und der Heilsgeschichte. Im geschlossenen Zustand sind auf vier gleichgroßen Tafeln Szenen aus dem Leben Mariens zu sehen. Bei geöffnetem Zustand sind auf der Mitteltafel die Marienkrönung und auf den beiden Seitenflügeln die Entsendung des Heiligen Geistes an die zwölf Apostel dargestellt. Auf der Rückseite des Altars ist mittig die Kreuzigung Jesu wiedergegeben und auf den zugehörigen Seitenflügeln werden je zwei für die Stadt Freiburg und die Universität bedeutungsvolle Heilige gezeigt.


Marienkrönung

Zentral im Mittelbild ist die Marienkrönung gezeigt. Über das Haupt der Himmelskönigin halten Christus (zu ihrer linken) und Gottvater (zu ihrer rechten) eine kaiserliche Krone. Darüber erscheint im goldenen, göttlichen Licht die Taube des Heiligen Geistes. Die Muttergottes ist mit einem langen, unter der Brust gegürteten Kleid aus Goldbrokat bekleidet. Dass der Saum des langen Mantels mit Pelz bedeckt ist, zeigt ein neugierig unter ihm hervorschauender Putto. Die Szene wird flankiert durch eine Schar pausbäckiger, musizierender Engelchen, die sich im Rankenwerk fortsetzen. Betrachtenden offenbart sich das himmlische Paradies.

Wundmale der Kreuzigung zeichnen sich auf Hand und Fuß Christi ab, sein Haupt ziert eine Krone, die durch ineinander verschlungene Äste an die Dornenkrone erinnert. Zeichen seiner Herrschaft ist die gläserne Weltkugel in seinem Schoß. Darin spiegelt sich die Gestalt Marias, ein Zeugnis der Raffinesse des Malers. Gottvater, mit langem weißen Haar und Vollbart trägt einen majestätischen roten Mantel; weitere Zeichen seiner Himmelsherrschaft sind eine mit Edelsteinen besetzte Krone und ein Zepter.


Seitenflügel

Kontrastiert wird der lichterfüllte Himmel der Mitteltafel durch den dunklen Hintergrund der Seitenflügel, auf denen sich jeweils sechs Apostel auf engem Raum drängen: Links sind sie angeführt von Paulus, Rechts von Petrus mit dem gut zu erkennbaren Schlüssel.


Die Weihnachtstafeln

Vom ersten Advent bis Mariä Lichtmeß bleibt der Altar geschlossen. Der biblischen Chronologie folgend sind nun Szenen aus dem Marienleben zu betrachten: auf dem linken Flügel ist die Verkündigung, rechts davon die Heimsuchung, dann die Geburt Christi, und anschließend die Flucht nach Ägypten dargestellt. Die vier Tafeln sind eingefasst von geschnitzten Bögen aus Akanthusblättern, ein gemeinsames Werk Hans Baldungs und Hans Wydyz, der auch die Anbetung der Drei Könige im unteren Bereich der Retabel gestaltete.

Verkündigung

„Fürchte dich nicht“, so spricht der Erzengel Gabriel zur Heiligen Jungfrau. Sein goldenes Haar ist durch den schnellen Flug noch aufgewirbelt. Maria, die kurz zuvor die Heilige Schrift studierte, erfährt durch den Engel von der Empfängnis Jesu. Im einfallenden himmlischen Lichtstrahl sind die Taube des Heiligen Geistes und das hereinschwebende Christuskind mit geschultertem Kreuz zu erkennen. Symbolisch verweisen die Glasgefäße auf dem weiß gedeckten Tisch im Hintergrund auf die Jungfräulichkeit Marias. Als lieblicher Duft der Unberührtheit gilt der Geruch der Maiglöckchen daneben.

Heimsuchung

Im Gebirge nahe der Stadt Judäa reichen sich Maria und ihre ebenfalls schwangere Cousine die Hände. Elisabeth wird Johannes den Täufer gebären. Die tiefe spirituelle Verbindung der ungeborenen Kinder spiegelt sich in jener der beiden Frauen wider. Marias Antlitz ist gezeichnet durch Jugend und Lieblichkeit, ihre Unschuld und ihre Rolle als Gottesmutter werden thematisiert. Sanft fällt ihre Haarpracht über das schwere Gewand und der Wind spielt im transparenten Schleier, der ihr Haupt ziert: Die feine Malweise des Künstlers sucht seinesgleichen. Baldung konzentriert sich auf Gesten, Blicke und Körperhaltungen. Nur Hasen, Zeichen der Fruchtbarkeit, setzt er als spielerische Zugabe zu Füßen der hochschwangeren Frauen.

Geburt Christi

In tiefer, heiliger Nacht erstrahlt der neugeborene Christus als leuchtende Lichtquelle. Ein weißes, von Putti getragenes Tuch bildet die schützende Mulde, in der das nackte Kind eher schwebt als liegt. Jesus streckt Maria zuneigungsvoll die Hände entgegen, ihr zärtlicher Blick erwidert das Zeichen der innigen Liebe. Geblendet vom überirdisch leuchtenden Kind verschließt Joseph die Augen. Es sind Fragmente eines Stalls und einer Tempelruine erkennbar, die wahrscheinlich den Niedergang der alten, vorchristlichen Welt symbolisieren. Neben einer Marmorsäule schaut der Kopf des Ochsen hervor, der die jüdische Gemeinschaft symbolisiert. Fast vollständig von der Dunkelheit verschluckt wird der das Heidentum vertretende Esel.

Flucht nach Ägypten

Marias Haupt ist von einem golden leuchtenden Heiligenschein umgeben. Sie hat sprichwörtlich „die Zügel in der Hand“ während das Kind in ihren Schoß gebettet ist. Wie eine liebliche Idylle wirkt die heilige Familie auf Flucht. Über sie neigt sich torbogenartig eine Palme, in der vier Putti umherklettern. Einer von ihnen reicht dem Jesuskind die Datteln vom heruntergezogenen Zweig. Tiere und Pflanzen auf dem Wüstenboden haben vielfältige Bedeutungen: der Schmetterling und die Schnecke sind Zeichen der Auferstehung. An das Blut Christi erinnern das rote Kopfgefieder des Distelfinks und die Erdbeere.


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