Auf der Rückseite des Retabel bietet sich Betrachtenden eine Vielzahl an Figuren dar: Der gekreuzigte Jesus wird von einer Menschenansammlung umrungen, flankiert wird die Passionsszene durch Heiligendarstellungen auf den Seitenflügeln. Unter der Szene die Darstellung einer Madonna mit Kind, der Münsterpfleger und Münsterschaffner huldigen.
Die Rückseite des Hochaltars
Mitteltafel
Die Kreuze Christi, des bußfertigen und des verlorenen Schächers ragen hoch in den unheilvoll düsteren Himmel auf. Hinter den Kreuzen drängt sich eine Menschenmenge.
Maria Magdalena im rot-gelben Gewand umfasst dem Kreuzesstamm, ihr Gesicht zeigt den Ausdruck hoffnungsloser Verzweiflung. Links von ihr zeichnet das blasse Gesicht der Maria im Gegensatz dazu ein duldender, in sich gekehrter Schmerz. Sie wird durch den zum Himmel aufblickenden Johannes gestützt. Hell leuchtet der Körper Christi vor dem düsteren Firmament. Er wendet den mit Dornen bekrönten Kopf von dem ihm von Stephaton dargereichten Essigschwamm ab.
Neben dem Kreuz Christi steht, etwa auf selber Höhe, jenes des guten Schächers. Dieser sieht seinen Erlöser an, indes senkt der böse Schächer den Blick. Links des Kreuzes halten sich ferner mehrheitlich biblische Figuren auf, während die rechte Seite fast ausschließlich nicht-biblischen Figuren vorenthalten bleibt.
Seitenflügel
Auf den Seitenflügeln der Rückseite sind vier Heilige dargestellt.
Links sitzt zu Füßen des Heiligen Hieronymus der Löwe, dem der Kirchenvater einst einen langen Dorn aus der Pfote gezogen hatte. Der Gelehrte war Patron der Universität Freiburg, die in enger Verbindung zum Münster stand. Hinter Hieronymus trägt Johannes der Täufer das Lamm Gottes in den Armen.
Im Vordergrund des rechten Seitenflügels steht der Heilige Georg in glänzender Rüstung samt Helm mit weißen Straußenfedern. Das an der Lanze befestigte Tuch zeigt das Wappen der Stadt Freiburg, deren Patron der Heilige war. Unter ihm krümmt sich der durch ihn bezwungene Drache. Dahinter blickt der Heilige Laurentius zum Ritter auf. An sein Martyrium erinnert das Eisenrost, durch welches der Märtyrer zu Tode kam. Er ist der Schutzheilige der Schatzmeister, die als Auftraggeber auf der Predella, also dem unteren Teil des Altares, zu sehen sind.
Predella
Die drei Münsterpfleger und der Münsterschaffner huldigen der Madonna, deren Wange zärtlich durch die Hand ihres Kindes liebkost wird. Allen voran Sebastian von Blumenegg, der die letzte Familienkapelle des Chorumgangs stiftete.
Wer ist der Mann mit der roten Mütze?
Im Menschengetümmel der Passionsszene auf der Rückseite des Altars sieht eine Figur aus dem Bild heraus, den Betrachtenden direkt in die Augen. Mit strahlend rotem, sicher nicht zufällig schief aufgesetztem Barett erscheint der Kopf eines jungen Mannes zwischen dem des Hellebardiers im grünen Gewand und einem der Kreuzesstämme. Es handelt sich um niemand Geringeren als Hans Baldung, genannt Grien selbst.
Sein Monogramm präsentiert der Knabe neben ihm. Auf dem rechten Zwickel ist eine Inschrift zu lesen, in der Baldung seine Herkunft aus Schwäbisch-Gmünd anführt und beschreibt, wie er das Kunstwerk „Mit Hilfe Gottes und [s]eines Könnens“ schuf.
Dass sich Baldung als Künstler offenbarte, war zu seiner Zeit unüblich und spricht für einen selbstsicheren und eigenwilligen Künstler. Seine aus Juristen, Professoren und Ärzten bestehende Familie unterschied ihn von seinen Malerkolleg*innen, die zumeist aus Handwerkerfamilien stammten. Als 18-Jähriger wurde er von Albrecht Dürer in dessen Malerwerkstatt in Nürnberg aufgenommen. Vermutlich erhielt er dort auch den Spitznamen Grien, auf den das grüne Gewand seines Bildnachbars hinweisen könnte.