Baugeschichte und frühe Ausstattung des Chorumgangs Sockel und Gitter
Die Baugeschichte
Der Grundstein des neuen Chorumgangs wurde 1354 gelegt, wie eine Inschrift am Nordportal des Chores belegt. Grund für den Neubau waren sowohl der fehlende Platz im alten romanischen Chor wie auch der Wunsch nach einheitlicher Ästhetik von neuer gotischer Kathedrale und Chorbau.
Der Neubau lässt sich in zwei große Bauphasen einteilen. Als erster Baumeister ist Johannes Gmünd bekannt, der in einem Vertrag von 1359 auf Lebenszeit angestellt wurde. In seiner Schaffenszeit entstand die halbhohe Außenfassade des neuen Choranbaus. Die Süd- und Ostwand der Sakristei waren bis zum Kranzgesims fertiggestellt und auch die ehemalige Annenkapelle (heute Sakramentskapelle) wurde bereits mit Steinlagen fundiert. Die beiden Chorportale an der Nord- und Südseite erfuhren ebenfalls in der ersten Bauphase ihre Fertigstellung fertiggestellt. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Situation der Stadt konnte man ab 1370/80 nur sehr langsam weiterbauen. Nach fast einhundert Jahren, in denen der Bau nur stockend vorankam, fand die zweite Bauphase ihren Anfang mit der Anstellung des Baumeisters Hans Niesenberger im Jahr 1471. Während seiner Zeit begann der Ausbau des Binnenchores. Von den Hahnentürmen aus wurde zunächst das erste Joch im Westen vollendet. Anschließend folgte die nördliche Hochchorwand und, dem bogenförmigen Verlauf folgend, auch die West- und Südseite des Hochchores.
Im Jahre 1482 müssen alle Wände bereits fertiggestellt gewesen sein, da das Holz des Dachstuhls durch dendrochronologische Untersuchungen auf dieses Jahr datiert werden konnte. Nachdem Niesenberger den Bau aufgrund von Aufträgen in anderen Städten vernachlässigt hatte, kam es 1491 zu seiner Entlassung. Die Arbeiten wurden unter einem heute unbekannten Baumeister fortgesetzt. 1507 erfolgte der Durchbruch vom Kirchenbau zum Chorumgang, in dem man die romanische Nikolaus-Kapelle umbaute und einen Zugang durch die hintere Kapellenwand schuf. Entsprechend wurde 1512 die Magdalenen-Kapelle zum nördlichen Choreingangsraum umgebaut. Auch wenn der Chor bereits 1513 geweiht wurde, waren die baulichen Arbeiten erst 1536 abgeschlossen. Die letzte Kapellenweihe erfolgte 1572 mit der Vollendung der beiden Kaiserkapellen.
Sockel und Gitter

Am Eingang jeder Kapelle befinden sich in Sandsteinsockel eingelassene Kapellengitter, die zwischen 1522 und 1572 entstanden sind. Sie separieren den Kapelleninnenraum vom Chorumgang. Viele der Sandsteinsockel sind an ihrer Vorderseite flächendeckend mit phantasievollen Reliefs geschmückt, für die als Vorlage Grotesken (in der Renaissance beliebte antike Dekorationensformen) dienten. Hier findet man unterschiedliche Motive mit symmetrischen Kompositionen aus Ranken, Verflechtungen mit Blumen, Füllhörnern oder Fabelwesen und menschlichen Figuren zwischen Wappenschilden.

Schmiedeeisengitter
Auf den Steinsockeln erheben sich bunte Schmiedeeisengitter mit kunstvoll gefertigten Formen und Mustern. Eine mittige Tür wird jeweils von zwei Gitterfeldern flankiert. Ihre aus senkrechten und waagerechten Vierkant- oder Rundeisen bestehenden filigranen Felder werden durch zahlreiche schmückende Elemente bereichert. Zu ihnen zählen Maßwerkformen, Rauten- und Herzmuster, spiralartig gedrehte Bekrönungen und viele aus Eisenblech geschnittene flache Ornamente, wie Akanthusblätter, Blumen und Wappenschilde. Bekrönt werden sie mit einem Abschluss in zumeist Spindel- oder Kreuzblumengestalt. In den Schmuckformen vermischen sich Elemente der Spätgotik mit solchen der Renaissance. Nicht mehr original ist die farbige Fassung der Chorkapellengitter. Da die bunten Farben nicht dem Zeitgeist des späten 18. Jahrhunderts entsprachen, überzog man 1794 sämtliche Gitter mit einer schwarzen Ölfarbe. Anfang des 20. Jahrhunderts entfernte man den dunklen Anstrich wieder und trug die Farben, orientiert an vorgefundenen Resten, neu auf. Dabei wurden einzelne Details an den Gittern rekonstruiert und ergänzt.